Marvel Defenders

USA 2017, Creators: Douglas Petrie, Marco Ramirez, D: Charlie Cox, Krysten Ritter, Mike Colter, Finn Jones, Elodie Yung, Jessica Henwick, Scott Glenn, Sigourney Weaver //

Mit „Avengers“ führte Marvel 2012 seine zuvor in den einzelnen Originstories aufgebauten Helden erstmalig gemeinsam in den Kampf gegen das Böse. Avengers, als auch die Einzelstories waren allesamt äußerst unterhaltsames, solide inszeniertes Popcornkino at its best und erschufen ein eigenes Genre, bei dem der Zuschauer genau weiß was er bekommt. Ein großer Vorteil für Marvel: es lässt sich beliebig erweitern oder kombinieren und ist praktisch ein Garant für volle Kinokassen.

Das liegt aber auch daran, dass die Filme tatsächlich Spaß machen und alles bieten, was eine gute Superhelden-Comicverfilmung ausmacht. Auch versteht es Marvel sich mit einer gehörigen Portion Selbstironie nie zu ernst zu nehmen. Diese Ausgewogenheit zwischen emotionalem Comicpathos und Ernsthaftigkeit brechender Ironie (etwas, was beim Konkurrenten DC leider oft fehlt) macht das Marvelrezept aus.

In Zeiten von hochkarätigen TV-Produktionen und Binge-Watching war es klar, dass Marvel den TV-Markt nicht unbeachtet lassen würde. Also ging man nach dem gleichen Prinzip vor: Erst die Originstories (Jessica Jones, Daredevil, Iron Fist, Luke Cage) zeigen und dann alle Helden gemeinsam ins Gefecht schicken.

So ist die Handlung von „Defenders“ auch schnell erzählt: Unsere Helden verfolgen individuell seltsame Vorfälle und kriminelle Aktivitäten, bis sie dabei zufällig aufeinander treffen und feststellen, dass diese Fälle alle miteinander zu tun haben. Denn es handelt sich bei allen um die Machenschaften der mysteriösen Geheimorganisation „The Hand“. Diese scheint überall ihre Finger mit im Spiel zu haben und plant offensichtlich etwas ganz großes. Zudem zeigt die finstere Organisation ein besonderes Interesse an Iron Fist. So schließen sich Jessica Jones, Iron Fist, Luke Cage und Daredevil also zusammen um gegen das Böse zu kämpfen.

Das ganze geht für Marvels Verhältnisse sehr ruhig von Statten. „Defenders“ setzt viel Wert auf stimmungsvolle Kameraarbeit, auf Dialoge. Dies funktioniert leider nur bedingt. Während die Auftritte von Sigourney Weaver als düstere Chefin der Hand und ihren Verbündeten großartig sind, wirken unsere Helden oft zu wenig „heldenhaft“, bedenkt man, dass es sich hier um Marvel-Superhelden handelt. Sie streiten sich, diskutieren, und ja, es gibt den alten Konflikt zwischen dem Heldenleben und dem Privatleben. Die Show kommt so oft einfach nicht in die Gänge. Ein Problem, was schon die Originstories inne hatten. Defenders ist eindeutig besser als diese – vor allem mit nur acht Episoden auch angenehm kompakter – aber von der Qualität der Kinofilme ist es leider sehr weit entfernt. Die wenigen Actionsequenzen bestehen dann auch praktisch ausschließlich aus Martial Arts. Superkräfte spielen kaum eine Rolle. Ab und zu leuchtet Iron Fists Faust, und er schubst alle Gegner Jedi-gleich auf einmal weg, aber das war’s dann auch schon. Auch das gesamte Storygerüst ist wacklig. Die Andeutungen zu Beginn erzeugen durchaus Spannung, man erwartet großes. In einem dramatischen Höhepunkt bebt ganz New York bedrohlich, immer wieder wird gesagt, wie mächtig „Die Hand“ sei, und allgegenwärtig. Diesem Anspruch wird dann leider nicht genüge getan. Und warum denn nun ganz New York bebte, bleibt ebenfalls unbeantwortet.

Am störendsten jedoch ist der Charakter des „Iron Fist“. Ein Held, der ständig quengelt, gegen den the Hulk ein tiefenentspannter Mann ist und dessen Superpower doch sehr überschaubar ist, dafür, dass er so mächtig sein soll. Ständig müssen ihm alle anderen helfen. Einen solchen Mann möchte man nicht in einem Team haben. Und so wirken denn auch eher Luke Cage und Jessica Jones als überzeugende Heldenfiguren, sowohl charakterlich als auch kräftetechnisch. In vielen Momenten sind allein sie es, welche die Geschichte tragen. Das liegt sicherlich auch an den Darstellern, denn Finn Jones als Iron Fist fehlt es schlich an Ausstrahlung und Charaktertiefe.

„Defenders“ ist unterhaltsam, bisweilen auch spannend. Ein großer Wurf ist es jedoch nicht. Dies vor allem in Anbetracht der filmischen Qualität vieler aktueller TV-Shows (Game of Thrones, The Walking Dead, Into the Badlands etc.). Das, was die Filme aus dem Hause Marvel so gut macht, fehlt „Defenders“. Es bleibt leider Durchschnitt.

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