Logan

Obwohl die X-Men-Verfilmungen auch immer mal wieder ernste Thematiken streiften, finstere, wie auch schmerzvolle Momente zeigten, blieben sie doch immer dem typischen Stil einer Superheldencomic-Verfilmung treu. Dies nicht allein wegen der Outfits der Protagonisten, auch das Storyschema dieser größtenteils gelungenen  Comicadaptionen folgte den vertrauten Mustern des Marveluniversums.

So bewegten sich auch die Wolverine-Solos bisher in diesem Rahmen. Obwohl Wolverine eigentlich eine gebrochene und getriebene Figur ist, gepeinigt von seiner Vergangenheit, behielt seine Rolle stets eine gewisse Prise Humor und Selbstironie. Wolverine als steter Lieferant für coole One-Liner. Auch seine Gewaltausbrüche blieben meist eher steril – was schon eine Kunst ist bei der Anwendung von zwei mit Klingen bewährten Händen. Die Filme sollten nun mal ein auch alterstechnisch breiteres Publikum erreichen können.

„Logan“ geht hier einen in der Tat gänzlich neuen Weg und überrascht damit positiv. Wer knallbunte Marvelaction erwartet ist hier definitiv im falschen Film: „Logan“ ist ein hartes, düsteres Roadmovie, ein Drama, welches dem Zuschauer an die Gurgel geht. Die Actioneinlagen sind brutal und direkt, es gibt weder explodierende Hochhäuser noch monströse Endgegner, vielmehr ein kompromissloses Mann gegen Mann. Bzw. Mädchen gegen Mann, denn auch Logans Begleiterin, die kleine Mutantin Laura steht ihrem gefährlichen Begleiter um nichts nach. Beide agieren geradezu animalisch im Kampf um ihr Leben. Gewalt wird direkt spürbar, Blut fließt, die Klingen zeigen ihre Wirkung.

Anders als in bisherigen Wolverine-Geschichten wird diesmal Logans gebrochener Charakter erlebbar. Auch körperlich ist Wolverine schwer angeschlagen, er keucht, er blutet – er leidet. Nicht zuletzt durch Hugh Jackmans exzellente Leistung erscheint dies auch glaubhaft. Und dann ist da noch Professor Charles Xavier, der einst mit seinen mächtigen mentalen Fähigkeiten brillierte. Er ist alt geworden, leidet unter Demenz – welch Strafe für diesen einst so sympathischen, weisen Charakter. Patrick Stewart spielt ihn absolut überzeugend, ja fast erschreckend authentisch als gebrechlichen, alten Mann, welcher nur noch in wenigen Momenten zu alter Größe heranzuwachsen vermag. All dies wird in einer eindringlichen Authentizität von James Mangold feinfühlig inszeniert (allein die kurze Sequenz, in der Logan dem gelähmten Charles auf eine Raststättentoilette hilft ist für einen Marvelfilm absolut untypisch). Man spürt, dass Mangold hier freie Hand gelassen wurde, ganz ohne Restriktionen wegen möglichen Altersbeschränkungen oder den Sehgewohnheiten der Marvelfans. Diese Freiheit spielt Mangold gekonnt aus. Und das ist gut so!

Als einzigen Kritikpunkt möchte ich hier die Antagonisten benennen. Diese sind einfach etwas zu generisch geraten, auch gibt es darunter keinen nennenswerten Charakter, der in irgendeiner Form herausstechen würde. Da sind die üblichen schwarzen Vans, die schwer bewaffneten, sadistischen Legionäre und der fiese Doktor. All diese Figuren verblassen völlig in Anbetracht des Trios Logan, Xavier und Laura. So hat man ihre Gesichter auch unmittelbar nach dem Film völlig vergessen.

„Logan“ ist kein X-Men-Film im klassischen Sinne, er ist ein intensives, dreckiges Roadmovie, nah am Menschen, nah an der Realität. Die Geschichte um die drei flüchtigen Mutanten überzeugt durch eine starke Kamera, die absolut überzeugenden schauspielerischen Leistungen der drei Protagonisten und die gnadenlos direkte Erzählweise von Mangold, welcher hier auch für die Story und das Drehbuch verantwortlich ist.

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