Ein kleines Meisterwerk: your name

Originaltitel: Kimi no na wa //

In Japan haben die Medien Anime und Manga eine ganz andere Akzeptanz als im Westen. Auch wenn sich auch bei uns mittlerweile eine große Fanszene rund um Comics für Erwachsene (treffender die englische Bezeichnung „Graphic Novels“) und den ernsten Anime-Film gebildet hat, denkt eine Mehrheit immer noch an lustige Geschichten für Kinder. Was den Film angeht bleibt man im Westen auch dabei: mit ganz wenigen Ausnahmen müssen Zeichentrick- und Animationsfilme kindgerecht sein, um kommerziell erfolgreich zu sein. Die Japaner hingegen nutzen Anime und Manga auch zum Erzählen von komplexen und auch schweren Stoffen für Erwachsene, dabei sind diese Werke auch kommerziell sehr erfolgreich und gerade Anime-Filme schlagen regelmäßig selbst große Hollywood-Blockbuster an den Kinokassen.

Das großartige am Anime ist seine Grenzenlosigkeit – während dem Realfilm stets gewisse erzählerische als auch visuelle Grenzen gesetzt sind, kann der Animefilm sich hier völlig frei bewegen und damit fantastische Gedankenwelten zum Leben erwecken. Genau damit glänzt „your name“ von Makoto Shinkai, welcher hier seinen ersten Langfilm präsentiert. „your name“ ist nicht nur visuell atemberaubend schön, sondern versteht sich auch darin eine ungewöhnliche, äusserst berührende Geschichte glaubhaft zu erzählen.

Irgendwo in Japan, in einer ländlichen Gegend, wacht ein junges Mädchen an einem sonnigen Morgen auf. Doch sie scheint verwirrt – als wisse sie nicht wer sie sei. Überrascht fast sie sich an ihre Brüste – ich bin eine Frau?

In Tokio wird ein junger Mann von seinem Smartphone geweckt, Zeit zur Arbeit zu gehen. Doch wo arbeitet er überhaupt? Was geht hier vor sich? Scheinbar wachen diese beiden Menschen im Körper eines anderen Menschen auf. Im Körper des jeweils anderen.

So beginnt der Film recht humorvoll, fast im Stile einer Teeniekomödie. Die beiden sind jeweils zeitweise im Körper des anderen, hinterlassen sich Nachrichten und bringen die jeweiligen Leben schwer durcheinander. Doch als der junge Mann aufs Land reist, um herauszufinden wer diese fremde Frau ist, die da in sein Leben eingreift, entdeckt er etwas sehr beunruhigendes. Von nun an schwenkt „your name“ um, und wandelt sich in ein tief berührendes und packendes Mystery-Drama.

Dem Film gelingt es den Zuschauer voll und ganz mitzunehmen auf diese ungewöhnliche Reise und lässt ihn mit den beiden Protagonisten mitfühlen. Die sensible Charakterzeichnung macht die Menschen erfahrbar. Auch die vielen Nebencharaktere sind perfekt in diese packende Geschichte verwoben. Sie sind durchweg differenziert inszeniert und mehr als nur Beiwerk. Während die Erlebnisse der Figuren unglaublich berühren – eine Packung Taschentücher könnte knapp werden – verfällt der Film nie in banale Sentimentalitäten. Er bleibt stets differenziert und beobachtend.

Dies wird vor allem auch durch die starken Bilder unterstützt. Immer wieder zelebriert Makoto Shinkai seine atemberaubend schönen Momentaufnahmen, bei denen der Betrachter schon manchmal vergisst, dass es sich hier um gezeichnete Bilder handelt. Doch sie sind eben stärker als reale Bilder, intensiver, impressionistisch. Ob die vielen Eindrücke der japanischen Landschaften, des lebendigen Tokios oder die fein beobachteten Details: der Wassertropfen, der langsam über ein Blatt läuft; die Grille, die auf einen Grashalm springt oder die alten japanischen Traditionen, die hier wunderschön malerisch in Bilder gefasst werden. Der Film nimmt sich angenehm Zeit für diese Momente und erzeugt so eine starke Stimmung, welche die Geschichte maßgeblich mit trägt. Gleichzeitig sorgt der gut gesetzte Schnitt als auch regelmässige schnelle Passagen für eine frische Dynamik.

your name“ ist ein kleines Meisterwerk und gehört mit Abstand zu den schönsten Anime-Filmen, die ich bisher gesehen habe. Das Drama überzeugt schlicht auf ganzer Linie und beweist welche Möglichkeiten des Geschichtenerzählens der gezeichnete Film erlaubt. Ein Muss für jede gut sortierte Anime-Sammlung!

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