USA 2018, R: Susanne Bier; D: Sandra Bullock, Trevante Rhodes, John Malkovich //
Gerade erst erwies sich A Quiet Place als hoch spannender Endzeit-Thriller, bei dem die Menschheit gänzlich ohnmächtig dahin gerafft wird, und zeigte gekonnt wie man am Beispiel einer kleinen Gruppe von Betroffenen den Schrecken spürbar machen kann.
Nun kommt mit der Netflix-Produktion Bird Box ein thematisch ganz ähnlicher Film auf die Screens: Malorie (grandios gespielt von Sandra Bullock) ist schwanger, aber seelisch kaum bereit sich auf diese neue Situation einzulassen. Widerwillig durchgeht sie die üblichen Untersuchungen, an ihrer Seite ihre wesentlich pragmatischere Schwester. Man witzelt herum, ein Tag wie jeder andere.
Fast beiläufig bemerken die beiden Nachrichten im Fernsehen über Unruhen in Europa und Russland. Aber ja, Russland ist weit weg, wieso besorgt sein, es gibt derzeit wichtigeres. Doch bereits im Krankenhaus bricht langsam eine seltsame Hektik aus, Menschen laufen aufgeschreckt durch die Gänge. Plötzlich schlägt eine Frau unvermittelt ihren Schädel gegen das Glas. Es ist da. Auch hier.
Diese erste halbe Stunde von Bird Box gehört zu seinen stärksten Momenten. Der rapide Zerfall unserer Zivilisation, auf die wir uns doch verlassen müssen, wird brutal und direkt geschildert. Feuerwehr, Polizei, Nachbarn – alle hilflos ausgeliefert. Keiner ist sicher: Alle Menschen, welche die plötzlich überall auftretenden, nicht näher definierten, unsichtbaren Wesen sehen, verfallen augenblicklich dem Wahnsinn mit dem einzigen Ziel, sich sogleich umzubringen.
Malorie gelingt es sich mit ein paar anderen Überlebenden in einem Haus zu verschanzen. Dabei springt der Film geschickt in der Zeit vor und zurück, zeigt sie allein in den Wäldern mit zwei kleinen Kinder im knallharten Überlebenskampf, und dann wieder die Geschehnisse bei Ausbruch der Apokalypse. Durch diese Sprünge entsteht eine besondere Dynamik, welche neugierig auf mehr macht.
Bird Box gelingen hier immer wieder sehr starke Momente, die ihn von den vielen anderen, durchaus guten apokalyptischen Filmen (meist mit Zombie-Thematik) abheben. Diese Momente sind es, welche dem Zuschauer in Erinnerung bleiben und den Film besonders machen. So zB. eine Sequenz, wo die Überlebenden mit einem Auto Vorräte holen müssen – dies komplett blind, allein mit Hilfe der GPS-Anzeige.
Stark sind auch Soundtrack und Sounddesign, die vom Moment des Ausbruches an dem Werk einen düsteren Grundton verleihen, und so die Stimmung massgeblich prägen, dies im perfekten Zusammenspiel mit den intensiven Bildern.
Wie zuvor schon erwähnt ist besonders die schauspielerische Leistung von Bullock zu loben. Die Darstellerin, die früher eher mit einfacher Action und seichten Komödien bekannt wurde, beweist hier einmal mehr, dass Sie zu weitaus mehr in der Lage ist. Die unerschütterliche Kraft, mit der sich Malorie zwischen ihre Kinder und die düstere Macht stellt, ihr unermüdlicher Kampf ums Überleben werden hier im Wesentlichen von der Schauspielerin getragen und überzeugend verkörpert. Denn die Handlung erscheint in der zweiten Hälfte des Filmes zunehmend einfacher gestrickt und läuft nach dem altbekannten Muster „Held muss von A nach B in tödlichem Umfeld“, wie man es zB. schon oft in Produktionen wie The Walking Dead gesehen hat. Doch dank Sandra Bullocks intensiven Spiels bleibt der Film von Anfang bis Ende packend.
Ganz wie die Romanvorlage liefert Bird Box keine Erklärungen. Vielmehr steht das reine Erlebnis im Vordergrund. Das Gefühl der Angst, der Ohnmacht. Und der Wille zum Überleben. Dies funktioniert weitestgehend, lässt jedoch am Ende des Films durchaus Fragen unbeantwortet, was man als klaren Makel ausmachen kann. Abgesehen davon ist Bird Box ein absolut sehenswerter Endzeit-Schocker, der weiß, wie er die Zuschauer in seinen beklemmenden Bann zu ziehen vermag.